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Auf den Spuren von Carstenn und Lilienthal
Eine Wanderung in der Villenkolonie Lichterfelde-West |
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Druckbare Wegweiser downloaden:
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Unser Ausflug führt durch die Villenkolonie Lichterfelde-West. Wir treffen auf Villen, die Zeugen der Entstehung dieser Berliner Vorortsiedlung sind. Wir treffen auf unserer Route auf Villen mit burgenartigen Bauelementen von Gustav Lilienthal.
Im Jahre 1865 kaufte der Hamburger Kaufmann und Bauunternehmer Johann Anton Wilhelm Carstenn das verschuldete Gut Lichterfelde, um aus ihm für vornehme Bürger eine Villenkolonie zu machen. Für sein Vorhaben boten die Strecken der Potsdamer und der Anhalter Eisenbahn, die das Gebiet durchquerten, eine verkehrsgünstige Gelegenheit. Er ließ die Bahnhöfe Lichterfelde-Ost und Lichterfelde-West erbauen. Der Bahnanschluss machte den Verkauf geplanter Wohnhäuser der neuen Siedlung lukrativer. Für die angelegten Straßenzüge ließ er Bäume aus Hamburg anpflanzen. Die Villenkolonie Lichterfelde bildete den Bestandteil seines Planes, die aufstrebende Stadt Berlin mit einem Kranz von Gartenstädten zu umschließen. Die Häuser sollten nicht mehr als fünf Stockwerke und einen Vorgarten haben. Durch den Bau dieser Kolonie wuchs die Einwohnerzahl der Gemeinde Lichterfelde stetig. Als der Ort als Teil von Steglitz im Jahre 1920 nach Berlin eingemeindet wurde, hatte er 47213 Einwohner. |
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Tourbeschreibung
Unser Startpunkt ist der S-Bahnhof Lichterfelde-West. Bei unserer Wanderung bewegen wir uns zum Teil auf den Spuren der ersten elektrischen Straßenbahn der Welt von 1881. Damals fuhr sie vom Bahnhof Lichterfelde-West durch die Baseler Straße und kreuzte dabei die Curtiusstraße. Danach verlief die Strecke auf dem Kadettenweg bis zur Finckensteinallee, wo sich die Hauptkadettenanstalt befand. Dieser Straßenbahnabschnitt entstand aber erst 1890.
Das Bahnhofsgebäude ließ Carstenn im Jahre 1872 ursprünglich als Villa im Stil der norditalienischen Renaissance erbauen. Wir gelangen auf den Bahnhofsvorplatz an der Hans-Sachs-Straße und gehen an dem 1896/97 entstandenen „West-Bazar“ rechts vorbei, wo man sich Waren des täglichen Bedarfs kaufen konnte (u.a. Kolonialwaren) und heute noch kann. Auf der Ecke Baseler/Curtiusstraße sehen auf der linken Seite einen zweistöckigen Fachwerkbau, das nach dem Bauherren benannte „Emisch-Haus“, welches mit Motiven aus der Bibel bemalt ist und eine Nische mit einer Bronzefigur des heiligen Paulus enthält. Wir gehen nach rechts die Curtiusstraße entlang und erreichen die 1875 im Stil des Historismus erbaute „Florentinische Villa“, die auch den Namen „Villa Holzhüter“ trägt, und eine der ältesten Villen in der Villenkolonie Lichterfelde ist. Auf der rechten Seite, ein kleines Stück weiter, befindet sich ein Kinderspielplatz. An der nächsten Kreuzung biegen wir nach links in die Köhlerstraße ein und kommen an vier Eisenbahnerhäusern von 1878 vorbei.
Danach gehen wir links in die Friedrichstraße. Rechts an der Ecke Kommandantenstraße steht das nach dem Oberfinanzrat Christian Rother benannte Rother-Stift, ein Senioenwohnhaus, das ursprünglich von 1896 bis 1898 nach Plänen des Architekten Alfred Koerner im Stil der märkischen Backsteingotik als Domizil für bedürftige, unverheiratete Offiziers- und Beamtentöchter errichtet wurde. Es weist glasierte Ziegelfriese und polygonale Ecktürme auf. Eine großzügige Parkanlage schirmt seine drei radialen Flügelbauten mit einem geschwungenen Verbindungstrakt ab. Wir biegen rechts ab und kommen zum Johanneskirchplatz, wo sich die evangelische Johanneskirche als klassizistischer Rundbau mit einem Kuppeldach befindet. Wir setzen unsere Route in der Kommandantenstraße bis zur Ecke Weddigenweg fort.
Wir biegen nach rechts ein. Nachdem wir links in die Ringstraße gegangen sind, biegt links die Steinäckerstraße mit ihren schönen, gut erhaltenen Villen ab. Beim Haus Nr. 6 steht ein Reiterstandbild Kaiser Wilhelms I. In linker Richtung betreten wir wieder die Kommandantenstraße.
Nun halten wir uns an der nächsten Straßenkreuzung rechts und sind im Weddigenweg, wo hinter der Paulinenstaße die Häuser Nummer 16 und 17 mit Burggraben und Zugbrücke von Gustav Lilienthal , dem Bruder des Flugpioniers Otto Lilienthal, erbaut wurden. Wir gehen zurück in die Paulinenstraße, in die wir rechts einbiegen. Dort können wir weitere Bauten des Architekten Lilienthal betrachten. Diese weisen alle den englischen Landhausstil mit Türmen, Zugbrücken und Zinnen (Tudorstil) auf (Nr. 24-28). An der Paulinenstraße Ecke Kadettenweg halten wir uns links in Richtung Karlplatz, auf dem ein Gedenkstein des preußischen Kadettenkorps steht. Wir biegen nach rechts in die Ringstraße ein, die wir bis zur Potsdamer Straße durchqueren, in die wir wiederum rechts einbiegen. In der Hausnummer 22 sehen wir eine imposante Villa vom schwedischen Architekten Alfred Grenander und Otto Spalding im Jugendstil erbaut wurde. Jetzt schlagen wir unseren Weg nach rechts in die Holbeinstraße ein.
Dann wenden wir uns wieder nach links in den Kadettenweg und links in die Marthastraße, wo die Häuser Nr. 4 und 5 von Gustav Lilienthal erbaut wurden. Vor dem Haus Nr. 5 steht eine Gedenktafel, die an den Architekten, der darin lebte, erinnert. An der Ecke der Marthastraße zur Potsdamer Straße, Hausnummer 57a, steht eine weitere Lilienthal-Villa, ebenso in der Potsdamer Straße Nr. 63, die wir erreichen, wenn wir die Potsdamer Straße rechts einbiegen. Gegenüber der letzt genannten Villa von Lilienthal ist in der Potsdamer Straße Nr. 9 die Kindertagesstätte Potsdamer Schlösschen, die zum Nachbarschaftshaus Mittelhof gehört und an der Ecke zum Weddigenweg in der Hausnummer 6 ein englisches Landhaus. In der Potsdamer Straße Nr. 58a steht eine Villa, in der die jüdische Tuberkuloseforscherin Lydia Rabinowitsch-Kempner, die erste preußische Professorin, wohnte. Ebenfalls von Lilienthal erbaut sind die Villen im Weddigenweg Nr. 8 und 9.
Die Potsdamer Straße gehen wir bis zum Ende, um nach rechts in die Finckensteinallee einzubiegen. Dort begeben wir uns auf die linke Straßenseite, wo die ehemalige preußische Hauptkadettenanstalt aus rotem Backstein steht. Hier erfuhren im Kaiserreich Jugendliche neben dem Schulunterricht eine militärische Ausbildung. Zur Zeit des Kalten Krieges waren dort amerikanische Truppen stationiert. Seit 1996 ist dort eine Zweigstelle vom Bundesarchiv, die die Dokumente der Parteien und Massenorganisationen der DDR aufbewahrt, untergebracht. Nun gehen wir die Finckensteinallee wieder zurück und sehen in den Hausnummern 23-27 das Hotel Morgenland in dem man das Miniaturmuseum Arikalex besuchen kann. Über die Karwendelstraße kommen wir auf die Drakestraße, die wir nach links einbiegen. Dabei gehen wir am Goethe-Gymnasium, dem früheren Lichterfelder Realgymnasium, vorbei. Wenn wir rechts in die Walter-Linse-Straße gehen, können wir das Wohnhaus (Nr. 12) des Rechtsanwalts Walter Linse sehen, der 1952 von der Stasi entführt und misshandelt und ein Jahr später in der Sowjetunion ermordet wurde. Die letzte Lilienthal-Villa unserer Tour finden wir in der Hausnummer 9. Wir gehen links in die Ringstraße und gelangen zur Ecke Söthstraße. Dort befindet sich das 1903 bis 1905 von den Architekten Mönnich und Thoemer im Stil der Neorenaissance errichtete Amtsgericht Lichterfelde, das früher auch ein Gefängnis hatte und heute das Grundbuchamt Schöneberg beherbergt. Wir gehen die Ringstraße zurück in Richtung Hindenburgdamm und erblicken das rote Backsteingebäude des Lilienthal-Gymnasiums vor dem seit 1955 eine von Olaf Lemke angefertigte Büste des Flugpioniers Otto Lilienthal steht.
Schließlich gelangen wir auf den Hindenburgdamm und begeben uns nach links zum alten Dorfkern Lichterfeldes. Hier ist der Rest des Dorfangers mit der im 14. Jahrhundert aus Feldsteinen erbauten Dorfkirche und der größeren Pauluskirche zu sehen, die von 1898 bis 1900 als evangelischer Neubau in Backsteingotik nach Entwürfen von Fritz Gottlob errichtet wurde. Von der Kirche aus links gesehen, an der nördlichen Spitze des Angers, steht ein neogotisches Schalthäuschen der Bewag aus dem Jahre 1929. Auf dem Dorfkirchhof sehen wir das Grab von Johann Anton Wilhelm Carstenn. Der Feldsteinkirche sind zwei Gruften angebaut, von denen sich in einer die Särge der Gutsherrenfamilie von Bülow befinden und in der anderen der Sarg des geadelten Lehrers von König Friedrich Wilhelm II., Nikolaus von Béguelin, untergebracht war.
Hier beschließen wir unsere Tour, die uns von der modernen Ära zu den Ursprüngen Lichterfeldes führte. |
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Nützliche Hinweise
Unsere Tour dauert zweieinhalb Stunden und eignet sich für Spaziergänger, Gehbehinderte, Radfahrer und Kinder. |
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Emisch-Haus Bild: Ega212 |
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Villa Holzhüter Bild:Astrid Hochörtler |
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Rotherstift Bild: Ega212 |
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An der Straßenecke befindet sich das Lokal „Fäßle“, in das wir einkehren können. |
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Eisenbahner-Häuser Bild: Astrid Hochörtler |
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Villa Steinäckerstraße Bild: Astrid Hochörtler
Villa Steinäckerstraße Bild: Astrid Hochörtler |
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Villa Spalding und Grenander Bild: Astrid Hochörtler |
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„Zugbrücke“ der Lilienthal-Villa Bild: Astrid Hochörtler |
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Das Miniaturmuseum ist Fr. bis Mo. von 11-17 Uhr geöffnet. |
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Lilienthal-Villa Bild: Astrid Hochörtler |
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Amtsgericht Lichterfelde Bild: Astrid Hochörtler |
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Schalthäuschen Bild: Astrid Hochörtler |
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